Antrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 19/1181 „Gesetz zur Zuständigkeit bei erkannter Radikalisierung junger Menschen“

SchulleiterInnen sind aktuell verpflichtet, unverzüglich die Polizei zu informieren, sobald sie Kenntnis davon erhalten, dass schwere Straftaten, insbesondere Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit und Raubstraftaten, sowie Verstöße gegen das Waffengesetz, die an ihrer Schule oder im unmittelbaren Zusammenhang mit der Schule gegen oder durch ihre Schülerinnen und Schüler versucht oder begangen worden sind (§63 Abs. 4a Bremisches Schulverwaltungsgesetz). Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf von SPD und Grünen soll die bestehende Meldepflicht der Schulleitungen gegenüber der Polizei erweitert werden: Sobald die Schulleitung Kenntnisse über sich radikalisierende SchülerInnen hat, und „die Verwirklichung einer strafbaren Handlung nach § 89a StGB nicht ausgeschlossen werden kann“ soll ebenfalls eine Meldepflicht bestehen. §89a StGB betrifft die Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat und umfasst beispielsweise die (versuchte) Ausreise zu einer Terrororganisation. Diese Formulierung ist problematisch, weil „nicht ausgeschlossen werden kann“ ein unbestimmter und offen auslegungsbedürftiger Rechtsbegriff ist, der für die Schulleitungen viele praktische Probleme mit sich bringen dürfte. In Anlehnung an das Bremische Verfassungsschutzgesetz soll eine Präzisierung dahingehend erfolgen, dass tatsächliche Anhaltspunkte für eine Radikalisierung und Vorbereitungshandlungen vorliegen müssen, die nach §89a StGB strafbar sein könnten.

Außerdem soll mit dem Gesetzentwurf von SPD und Grünen die Zuständigkeit des Landesamts für Verfassungsschutz erweitert werden. Das LfV soll auch für Deradikalisierungsprogramme für Jugendliche zuständig werden. Bisher waren Maßnahmen zur Prävention und Deradikalisierung bei unabhängigen Trägern der Jugendhilfe angesiedelt (Kitab, Jamil). Für Betroffene bzw. ihr Umfeld ist es wichtig, einen Ansprechpartner zu haben, der nicht zum Kern der Sicherheitsbehörden gehört, sondern niedrigschwellig und nach den Grundsätzen der Jugendhilfe arbeitet. Wenn jetzt das Landesamt für Verfassungsschutz diese Zuständigkeit übertragen bekommen soll, kann das zu Vertrauensproblemen führen und letztlich die Deradikalisierung sogar erschweren.

Die Bürgerschaft (Landtag) möge beschließen:

1.     Artikel 1 Satz 1 des Gesetzes zur Zuständigkeit bei erkannter Radikalisierung junger Menschen wird wie folgt geändert:

„nicht ausgeschlossen werden kann“ wird ersetzt durch „durch Vorliegen tatsächlicher Anhaltspunkte angenommen werden kann“.

2.     Artikel 2 wird gestrichen.

3.     Der bisherige Artikel 3 wird zu Artikel 2.

Kristina Vogt und Fraktion DIE LINKE.<xml></xml>